Im September 2015 sind wir in Südfrankreich unterwegs und fahren dabei auch die Corniche d’Or zwischen Fréjus und Cannes mit dem Auto entlang.
So wunderschön diese Strecke auch ist, die Autofahrer sind auf der engen und kurvigen Straße der größte Nervfaktor – entweder sie blockieren alles mit Tempo 20 oder sie hängen einem an der Stoßstange, weil sie die Straße gerne mit Tempo 100 entlang brettern wollen, aber kein Überholmanöver zustande bringen.
Da sind die zahlreichen Motorradfahrer so viel entspannter – spätestens nach der nächsten Kurve haben die einen ohne Drama überholt, wenn sie es eiliger haben.
Und dann stoßen wir unverhofft – und ohne zu diesem Zeitpunkt zu wissen, um was es sich handelt – in Cannes auf The Distinguished Gentlemen’s Ride 2015.
So reift in uns die Idee, dass es doch toll sein müßte, hierher noch einmal auf Motorrädern zurück zu kommen.
Einziger Haken an der Sache: Wir haben beide keinen Motorradführerschein. Kein Problem, wenn man auf die 50 zu geht, dann ist ja ohnehin die Midlife-Crisis dran, da kann man dann auch so ein Projekt anfangen.
Wir entdecken Motovlogs, Motorradreisebücher, Bücher von älteren Menschen, die noch den Motorradführerschein machen, für uns. Wir schauen The Long Way Round und The Long Way Down. Wir recherchieren Fahrschulen, Konditionen und Preise.
Und dann melden wir uns für den Frühling 2016 einfach an. Was kann schon schief gehen?
Die Theoretische Prüfung schon mal nicht, wir bestehen beide auf Anhieb. Mit den heutigen Vorbereitungshilfen – wie zum Beispiel auf der Webseite des ADAC – kann man aber auch exakt die Prüfungsfragen trainieren, da ist es eine reine Zeitfrage, bis alles sitzt.
Es hat schon eine gewisse Komik, einen Raum zu betreten, der voller Fünfzehn- bis Achtzehnjähriger ist, nach Angstschweiß riecht und dort einem Aufpasser seine Unterlagen zu überreichen, der jünger ist, als man selbst.
Elli findet schon die Theoriestunden zwischen all den coolen Adoleszierenden ganz amüsant, zumal heutzutage in Fahrschulen modernste Technik bei der Stoffvermittlung hilft und für gute Unterhaltung sorgt.
Mit der Praxis sieht es allerdings anders aus: Alte Säcke Menschen sind ja offenkundig weniger risikobereit, vulgo schissiger, was die ersten Stunden auf den Zweirädern zu einer adrenalinhaltigen Angelegenheit macht und diesmal uns den Angstschweiß auf die Stirn treibt (ich bilde mir ein, die Fünfzehn- bis Achtzehnjährigen hämisch lachen zu hören).
Wir starten auf einer ziemlich alten Honda CB500 ohne ABS und machen Hütchenspiele und langsame Überlandfahrten.
Es ist ein tolles Gefühl, das erste mal von einem entgegenkommenden Motorradfahrer gegrüßt zu werden. Das macht mir gute Laune für den ganzen Tag.
Da ich ja den offenen A-Führerschein machen möchte und die CB500 auf 48 PS gedrosselt ist, wechsle bald ich auf eine Kawasaki ER-5n mit 72 PS. Der Rest bleibt gleich.
Irgendwann bleiben dann endlich alle Hütchen meistens stehen, alle Pflichtstunden sind absolviert und ein Termin für die Praktische Prüfung ist gemacht. Ich nehme noch eine extra Fahrstunde unmittelbar davor, da mir das etwas die Nervosität nimmt.
Bei einer der Prüfungsaufgaben – Ausweichen mit Bremsen, die ich bei der Fahrstunde unmittelbar davor noch problemlos absolvierte habe – reiße ich in der Prüfung dann tatsächlich ein Hütchen. Aber man darf ja zum Glück nochmal. Beim zweiten Mal klappt es dann, auch wenn der Prüfer sich hinterher zu einer hämischen Bemerkung veranlasst sieht – aber das ist mir dann egal, geschafft ist geschafft.
Nun kommt die nächste Herausforderung: Auswahl und Kauf einer passenden Maschine.
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